Freitag, 5. Dezember 2008

Beim „Herumschnüffeln“ im Büro

Gestern in „meinem“ Pfarrbüro kamen mir die gesammelten Sterbedokumente der letzten Jahre unter. Wisst ihr, was schockierend war? Das Alter der Verstorbenen. Da ist eindeutig ein Peak bei jenen Menschen zwischen 35 und 55 – schon eine schockierende Erkenntnis – und so nebenbei auch noch dazu eine signifikant höhere Anzahl an verstorbenen Neugeborenen, Kindern und Jugendlichen (bis ca. 25) im Verhältnis zur Anzahl der Einwohner – wenn man so will, kann man schon mal aus diesen Daten herauslesen, dass, sollte man mal das 55 Lebensjahr hier erreicht haben, man gute Chancen hat, auch 85 oder 90 zu werden (weil das war im Schnitt das Sterbealter der über 55jährigen).

Es ist wirklich traurig irgendwie bemerken zu müssen, dass sich hier eine Großteil der Gemeindebürger aufgegeben hat. In den paar Gesprächen, die ich bisher führen konnte, habe ich wahrgenommen, dass kaum jemand mehr jagen, fischen oder trappern geht, jene wichtige Kulturtechniken, die das Überleben dieser Menschen in den letzten Jahrtausenden in dieser unwirtlichen Umgebung der subarktischen Breiten (mäßig warme Sommer mit sehr langer Sonnenscheindauer, klirrend kalte Winter mit im Dezember Tageslichtdauer von ca. 4 ½  Stunden) das Überleben ermöglicht hat. Stattdessen Alkohol, Nikotin und weitere Drogen, teilweise schon mit 11 oder 12, von den Erwachsenen geduldet …

Natürlich ist es sicher falsch, diesen Menschen den westlichen Lebensstil aufzwingen zu wollen (was man ja versucht hat – sogar mit Zwang), aber es müsste doch irgendwie Möglichkeiten geben, auf der Basis ihrer eigenen Lebenskultur, eine gesunde Lebensgrundlage zu schaffen.

Bis jetzt dachte ich, dass die 1st Nations des Nordens in ihrer subsistenzorientierten Wirtschaft einfach von den Weißen nicht verstanden werden, muss aber jetzt enttäuscht wahrnehmen, dass ein Großteil das Subsistenzwirtschaften der Großeltern und teilweise Eltern gegen einfaches Nichtstun ausgetauscht hat.

Ich habe einfach eine Bitte an euch: denkt mal beim Beten an diese Menschen hier, die, obwohl in einem G8-Staat lebend, mehr verloren zu haben scheinen, als den Anschluss an einen zweifelhaften Fortschritt – nämlich den Stolz und Würde ihres Volkes und ihrer Kultur.

God bless you

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