Samstag, 18. April 2009

The native way of faith

Was und vor allem WIE glauben die Natives Nordamerikas. OK - zuerst einmal: Ich erhebe hier wahrlich nicht Anspruch auf Allgültigkeit zu aller Ort und zu aller Zeit - es ist sozusagen nur die Zusammenschau persönlicher, zugegebenermaßen in Zeitdauer und lokaler Ausbreitung eher beschränkter Erfahrungen. Andererseits aber hatte ich doch mehrmals Gelegenheit mit anderen und vor allem Erfahreneren Menschen zu sprechen, so dass doch von einer gewissen Gültigkeit des Folgenden ausgegangen werden kann.
Es gibt sozusagen für mich ein zentrales Wort: Der katholische Priester wird einmal als Schamane verstanden. Der Schamane - jetzt sehr vereinfacht gesprochen - stellt Verbindung mit der überirdischen, transzendenten Wirklichkeit her. Er tut dies mit Hl. Zeichen, mit dem Mittel der Trance, er spricht auf den ersten Blick unverständliche Worte. Und bis auf das Element Trance, scheinen wir katholischen Priester ziemlich den Erwartungen der Natives zum Thema Religion zu entsprechen. Die Natives haben einen Monotheismus (sie kennen nur ein göttliches Urprinzip, das sich dann wohl in den vier archetypischen Tiergeistern emanieren kann - Adler, Wolf, Bison, Bär - wobei jedes Tier einen bestimmten Spirit im Sinne von Eigenschaften, Wirkprinzipien und ähnliches repräsentiert - nicht ganz deckungsgleich könnten sie mit Engeln verglichen werden). Das mag auch der Grund sein, dass in Kanada die meisten Ureinwohner katholisch wurden (abgesehen davon, dass die französischen OMI-Priester in der Mission des Nordens Kanadas federführend waren - bzw. bis vor ein paar Jahrzehnten neben Ordensschwestern und vereinzelten Handelsagenten und Fellhändlern die einzigen Weißen im weitläufigen Norden Kanadas) und auch blieben, trotz der zunehmenden Präsenz freikirchlicher Gruppen auch in dieser Region. Nur die Freikirchen können hier kaum Fuß fassen, weil sie das Glaubenssystem und die Philosophie der Natives gar nicht ernst nehmen, und alles verteufeln (da sind die katholischen Missionare eindeutig im Vorteil mit dem typische katholischen Zugang für Rituale in den Sakramenten).
Was auf den ersten Blick aber als Vorteil in der Missionierung mal anmutet, birgt in sich eine große Falle: Der Priester ist KEIN Schamane. Er ist nicht der zentrale "Transzendenzvermittler". Sakramente sind KEINE Medicine (als welche sie nämlich betrachtet zu werden scheinen; Bsp.: eine Frau (Angehörige der Cree) kommt zu Sr. Bernadette in John d'Or Prairie damit sie möglichst unmittelbar ihr Baby taufe. Auf die Frage der Schwester, warum gerade jetzt und so schnell, antwortete die Frau, weil es so oft schlecht träume.
In diesem Sinne geht es weiter: in der Kirche habe ich durchschnittlich mal so etwa 7 - 10 Leute in Assumption sitzen, aber ich brauche jede Menge Weihwasser und Plastikrosenkränze. Laufend fragen mich Leute danach. Sie tragen sie teilweise um den Hals. Bei einem Begräbnis gehen sie wiederum alle recht brav in die Kirche (beteiligen sich aber kaum aktiv am Gottesdienst - Stichwort Schamane - der Priester muss nur ordentlich seine Rituale vollführen). Ein paar ältere Leute waren wohl schon bei der Beichte, einige haben mich gefragt, ob sie zu Beichte kommen können (sind dann aber praktisch nie gekommen). Ein anderes Schlaglicht: Am vergangenen Dienstag war ich zu einem Debriefing nach dem am letzten Sonntag geschehenen Todesfall geladen - ich wurde danach gebeten, die angebotenen Speisen zu segnen - in der Kirche habe ich von den anderen Beteiligten noch nie jemand gesehen, aber es ist ihnen wichtig.
Überhaupt dürfte der Begriff Gemeinschaft nicht wirklich Substanz haben in diesen Gesellschaften. Verwandtschaft scheint alles zu definieren. Cousins und Cousinen sind oftmals wichtiger als leibliche Geschwister (mit denen man ja oft nicht mal gemeinsam aufwächst, weil die Kinder größtenteils bei Großmüttern und Urgroßmüttern aufwachsen - die eigenen Mütter sind ja oft noch sehr jung). Ja die älteren Frauen: die spielen eine immens wichtige Rolle in der Hierarchie der Native Gesellschaften. Dieser Umstand öffnet auf den ersten Blick einen Anknüpfungspunkt für eine ausgeprägt marianische Spiritualität - wenn da nicht das Problem wäre, dass die Hl. Maria an die Seite Gott Vaters gestellt wird und Jesus (der "Sohn"; "Bua" ...) es da mal schwer hat jene christologische Position einzunehmen, die er nun mal im christlichen Glauben hat.
Ihr seht schon, dass das Leben als Priester hier ziemlich komplex ist. Und es scheint meines Empfindens so gewesen zu sein, dass viele Missionare eher der Versuchung erlegen sind, die offensichtliche (wenn auch nicht wirklich zu ordnende) Frömmigkeit durch braves Feiern der Sakramente zu bedienen, ohne letztlich nachzufragen, ob jene, die sie empfangen auch zumindest ansatzweise das gleiche darunter verstehen wie der Spendende.
Es wäre natürlich verkürzt, all dem, was ich hier nur mal grob skizziert habe, mit einer ausgeklügelten pastoralen Methode zu begegnen, mit Runterrasseln von katechetischen Lehrsätzen (denen dann möglicherweise das gleiche widerfährt wie den Sakramenten) o. ä. Vielmehr scheint von Nöten zu sein, eine spezifische Systematik zu entwickeln, die dem zweifelsohne vorhandenem tiefen Glauben dieser Menschen Rechnung trägt. Ein Institut für Systematische Theologie der Indigena Nordamerikas wäre hoch Not an der Zeit.
God bless you

"Indian Time"

Ich habe ja schon öfters angedeutet, das die Urbevölkerung Nordamerikas so gut wie keinen Zeitbegriff hat. Dabei geht es nicht etwa nur um mehr oder weniger ausgeprägte Unpünktlichkeit - nein: Es ist das schiere Unvermögen (so zumindest nehme ich es war) in Kategorien der Zeit zu denken. Beispiele gefällig:
Es ist praktisch unmöglich, mit den meisten Leuten hier einen Termin auch nur in einem Zeitraum festzulegen (zum Beispiel zwischen 14:00 und 17:00) - es funktioniert nicht. Beispiele:

Am Donnerstag fuhr ich mit meiner "little Sister" zu einem Taufgespräch nach Meander River (sind doch 175km in einer Richtung) - der Termin war ausgemacht - 14:00, es war ein Besuch im Haushalt der Interessentin - wer war nicht da: die besagte Frau. Sie musste mit ihrem Baby nach High Level ins Spital. Ich habe angesichts der speziellen Situation nun angeboten, dass ich um 11:00 am Sonntag da sein werde um das Taufgespräch zu machen und anschließend während der Messe das Kind zu taufen. Ich sage es gleich: wenn sie nicht rechtzeitig vor der Messe da ist zu Taufgespräch, werde ich das Kind nicht taufen. Diese Konsequenz muss nun wirklich beinhart in der ganzen Diözese durchgezogen werden (die Missionare dürften noch bis in die Gegenwart nicht allzuviel Wert auf eine Taufvorbereitung gelegt haben - den Erfolg sieht man ja...)

Aber noch viel lustiger war ein Telefonat jetzt gerade: Ein Mann will auch sein Baby getauft haben - nun abgesehen, dass er meinte, es solle F. Filion in High Level machen (der ist in Edmonton in Pension), hat er dann doch gemeint, es in Assumption machen zu wollen (er lebt ja hier). Wieder die Sache mit dem Taufgespräch; Termin; ich sage zu ihm, er solle mir die Zeit sagen im Laufe der nächsten Woche. Erste Antwort seinerseits, "Oh, about lunch time, noon" - Antwort meinerseits, "Oh, seems quite fine - ah - which day?" Lange Pause - ich wiederhole, "Yes, noon - but Monday, Tuesday, Wednesday ...? - wieder lange Pause - dann er, "oh -------- Monday?" ich, "OK - Monday noon, I am here for sure!" Ehrlicherweise muss ich zugeben, damit zu rechnen, dass er NICHT da sein wird.

Gerade letzter Dialog lässt erahnen, dass bei sehr vielen Menschen dieser Volksgruppe schlicht Zeit als Konzept fehlt. Das lässt sich für uns Mitteleuropäer, die letztlich seit dem 16. Jrh. nach Uhren leben überhaupt nicht nachvollziehen - lässt sich möglicherweise gerade noch verstehen, wenn wir eine Gruppe von etwa fünf- oder sechsjährige Kinder als Vergleich herziehen, die gerade intensiv im Spiel versunken sind. Deren Zeitbegriff mag am ehesten noch mit jenem dieser Menschen hier vergleichbar sein - einmal so ein Vermutung von mir.

Möglicherweise könnte es aber auch sein, dass durch das übereilte Taufen der Missionare in den letzten Jahrzehnten, sich so eine Erwartung festgesetzt hat, dass in der Kirche mal so schnell getauft wird. Wobei wir beim nächsten Kapitel wären: Wie werden die Sakramente vermutlich von den Natives verstanden - welches Bild von Kirche, Glauben haben sie ... aber das in meinem nächsten Beitrag.

God bless you

Mittwoch, 15. April 2009

Frühlingserwachen am 58,8ten Breitengrad Nord

Am Dienstag Nachmittag war ich nach längerer Zeit wieder einmal am See - das ist das Resultat (einmal werde ich mindestens noch hinfahren)

God bless you

Dienstag, 14. April 2009

Wieder mal etwas Musik

Das habe ich gerade entdeckt - es ist die Geburtstagsparty zum 70er des langhaarigen (Willie Nelson) im Jahr 2003 - so frisch möcht´ ich mich erhalten wissen in diesem Alter ...

Montag, 13. April 2009

Ich komme gerade von einer Reanimation ...

Ich war gerade bei den letzten Zeilen meines letzten Blogeintrags, als jemand klopfte und von einem Unfall sprach, gleich ganz in der Nähe. Ich sah wohl, dass RCMP schon mit mehreren Autos vor Ort ist - und ich wollte mich auch nicht einmischen, beschloss aber dann doch, mich vorsichtig dem Unfallgeschehen zu nähern, um möglicherweise ganz bescheiden, wenn notwendig meine Hilfe anzubieten. Gleich vorweg - nicht Gschaftlhubern nur die Anzahl der Hände, wenn notwendig, um zwei erhöhen.
Wie auch immer, die Hilfe wurde angenommen - eine ältere Frau ist an einer wirklich ungünstigen Stelle abgestürzt und hat sich wahrscheinlich ein Polytrauma zugezogen. Die Bergung gestaltete sich - auch wegen Mangels an geeigneter Gerätschaft - eher schwierig. Es musste schon während der Bergung mit der Reanimation begonnen werden (auf der Ladefläche eines geschlossenen Trucks eher ein halsbrecherisches Unternehmen - auch wegen des Zustandes der Gravelroads) - leider war nichts mehr zu machen - wir haben die Frau leider verloren; das Begräbnis wird in den nächsten Tagen sein. Gott sei ihrer Seele gnädig.
God bless you
Übrigens: bei aller Wertschätzung der persönlichen Qualifikation der Mitarbeiter im Rettungsdienst in Kanada - Wir müssen normalerweise bei günstiger Wetterlage nicht eine Stunde auf adäquate Rettungsmittel warten ... - und kommt mir nicht mit den Entfernungen - mit einem Helikopter ist man auch in Kanada bald mal im nirgendwo. - Überhaupt in Alberta.

Meine Ostertage

Gründonnerstag, Karfreitag und die Osternacht feierte ich mit der Gemeinde in Rainbow Lake, da das Organisieren einer einigermaßen adäquaten Feier in den beiden Native Communities mir nicht wirklich möglich schien - diese harten Bretter zu bohren überlasse ich gerne meinem Nachfolger.
Um so netter gestalteten sich die Feiern in Rainbow Lake. Natürlich waren die Feiern nicht mit jenen zu vergleichen, die wir in unseren Gemeinden im Waldviertel feiern (Schön- , Kirchbach und Traunstein), aber auf ihre Weise waren sie gerade richtig und wirklich schön und ergreifend. Ich konnte auf verlässliche 5 Ministranten zurückgreifen, die wirklich smart waren, und sozusagen out of the blue die Feiern bewältigten (zum Proben sind wir nicht wirklich gekommen).
Ich habe die "Choreographie" der Feier auf die Überschaubarkeit der Feiergemeinde heruntergebrochen und es waren dann wirklich ergreifende Feiern. Es war von Vorteil, dass einige Gemeindemitglieder auf Gemeindeerfahrung in größeren Communities einerseits in New Brunswick (Neu Braunschweig) am Antlantik und andererseits in einer German Communitie in Saskatchewan zurückgreifen konnten, und sich somit gleich beim Gottesdienst auskannten (was z.B. Liedplan, Organisation des Osterfeuers, Kirchenraumgestaltung u.ä. betraf).
Im Anschluss an die Osternacht gab es auch noch einen kleinen Empfang (eine Sache, die ich angeregt hatte). Leider habe ich noch keine Fotos zur Verfügung, da ich logischerweise selbst nicht fotografieren konnte und ich erst wieder in 2 Wochen in Rainbow Lake sein werde (aber vielleicht kann Fr. Direktor Alarcon ein paar Fotos schon in der nächsten Woche mitnehmen).
Am Sonntag hatte ich dann um 10:00 die erste Messe in Assumption - ich war ein wenig im Zweifel, ob überhaupt Leute kommen werden (aber es waren dann doch an die 40 Leute in der Kirche). Obwohl die Feierkultur - formulieren wir es mal vorsichtig - etwas eigenartig ist (das ganze mutet eher als eine liturgische Leseübung auf Englisch meinerseits an), war es doch auch auf seine Weise eine adäquate Feier (und die Leute erwarten bzw. wollen auch nicht wirklich mehr, als das der Priester seine Messe im wahrsten Sinne des Wortes "liest").
Im Anschluss ging es dann 170km weiter nach Meander River. Zwischendurch stieg meine "little Sister" zu - und wir kamen mit gut einer 1/4 Stunde Verspätung (für die Leute dort offiziell mit 3/4 Stunde Verspätung - sie wurden um 12:30 in die Kirche bestellt, damit sie in etwa um 13:00 auch da sind) an. Aber das stört die Dené einfach wirklich nicht (Indian Time). In Meander River waren mehr Leute und auch die dortige Feier war wohl bescheiden im Verhältnis zu unseren Ostermessen, aber trotzdem stimmig. In Meander River gibt es auch Lektoren ...
Im Anschluss daran gab es ein Easter Egg Hunt für die Kinder ... Alles in allem wirklich ein schöner Ostertag aus seine Weise ... mit einem fatalen Ende ...