Samstag, 24. Januar 2009

Heute hatte ich das erste Mal einen Mountie im Haus

Nein - er trug nicht die fesche rote Uniform, auch nicht die hohen Reitstiefel und auch nicht den berühmten breitkrempigen Hut; und er kam auch nicht mit dem Pferd - nein er kam schlicht mit einem Policetruck und war ganz ähnlich adjustiert wie unsere Exekutivorgane.

Ja, und warum war er da. Ein voll betrunkener Mann am Nachmittag der vor deiner Haustür kniet (weil er nicht mehr stehen kann) - bei derzeit -22° eine eher lebensgefährliche Situation für den betroffenen. Er wollte, dass ich ihn nach Hause bringe - aber das war mir dann doch nicht ganz geheuer. So rief ich die RCMP (Royal Canadien Mounted Police - Bundespolizei - die bekannten Mounties) an. Und fünf Minuten stand ein freundlicher Officer vor der Haustür, der sich
erstens gleich auskannte; und zweitens den Betreffenden sofort mit Namen ansprechen konnte.

Kein verärgertes Wort vom Officer, ein freundlicher Mann ... (aber das gilt eigentlich als sprichwörtlich für diesen Exekutivcorps) - vielleicht ein wenig zum Weiterstudieren der englische Wikipediaartikel (der deutsche gibt wirklich nix her): Royal Canadian Mounted Police

God bless you

Freitag, 23. Januar 2009

Priester oder Schamane?

"Father - I want to have my Baby baptized!" - Ich glaube 6 oder 7 verschiedene Leute haben mich schon mit diesem Anliegen angerufen. Bis jetzt hatte ich 2 Taufgespräche, 1 Taufe und zu einer zweiten Taufe sind die Leute nicht erschienen - Begründung zu letzterem - eigentlich - "Nicht-Ereignis", "I had no possibility to come to church - because my father wasn't here." - Es stellt sich mir nun natürlich die Frage, was für die Natives Taufe eigentlich bedeutet.

Ich habe dieses Problem auch bei der Priesterkonferenz vergangenen Dienstag angesprochen - also mal gleich vorweg; für meine Gesprächspartner war das mal nichts neues. Und so versuchte ich mir ein wenig Gedanken zu machen, was hinter diesem eigentümlichen Verhalten möglicherweise stehen könnte.

Möglicherweise meinen die Natives in unserem Raum mit Taufe etwas anderes als die Kirche. Mir kam so der Gedanke, dass die Taufe eines Kindes sozusagen als apotropäischer (das Böse bannender) Ritus betrachtet wird; und eine Gesprächspartnerin bei der Konferenz erzählte tatsächlich von einer Begebenheit, dass eine junge Mutter zu ihr mit dem Baby kam mit der Bitte, es zu taufen, da es Alpträume hat. Und tatsächlich erzählte mir mein Vorgänger F. Filion, dass den Menschen hier die Taufe unheimlich wichtig ist (was man von den anderen Sakramenten nicht sagen kann - es sind z.B. nur ein Bruchteil der Jugendlichen hier gefirmt - es ist eher wahrscheinlich, dass eine 15jährige Schülerin hier schwanger ist als gefirmt). Auch das wird verständlich, wenn man bedenkt, dass in dieser Kultur eigentlich keine Übergangsriten zum Erwachsensein bekannt sind (f. Spezialisten: Transitional Rites; Übergangsriten). Bis vor etwa zwei Generationen lebten die Völker des kanadischen Nordens als Sammler, Jäger (wenn auch mit teilweise schon moderner Ausrüstung wie Gewehren u.ä.) und Fallensteller. Sie lebten entgegen der durch Karl May und James Fennimore Cooper genährten landläufigen Vorstellung der Europäer in weitestgehend separierten kleinen Familiengruppen in den unendlich anmutenden Weiten der borealischen Wälder. Treffen fanden eher sporadisch statt und waren so etwas ähnliches wie eine Mischung eines lang andauernden Gottesdienstes, Heirats- und Tauschmarktes, und mehrtägigen Tanzfestes. Und natürlich fanden diese Feste eher im Sommer statt. Diesen Umstand gilt es auf breitester Basis immer mitzudenken (hat Auswirkungen in das kirchliche Leben, aber auch auf die Gesellschaft bis in die Politik hinein).

Diese und ähnliche Ereignisse lassen mich vermuten, dass Priester in den Augen der meisten Natives eher als Schamanen als als das betrachtet werden, was sie nach römisch-katholischer Auffassung eigentlich sind - Vorsteher der christlichen Gemeinde - vor allem mal in Hinsicht auf Gottesdienst und Sakramenten, bzw. auf spirituelle Begleitung. Sicher nicht aber als Vermittler von "Heilskräften" aus einer anderen, höheren Welt.

Ein grundsätzliches Problem scheint gerade in Bezug auf die Natives zu sein, dass es hier teilweise noch an Inkulturation fehlt - womit Inkulturation als Übersetzen von Bestehendem in die einzelnen Idiome sicher zu kurz gegriffen ist. Es ist tatsächlich an einer der Sprache und der Philosophie dieser Menschen adäquaten Theologie zu feilen. Vielleicht hat das schon irgendwo begonnen - ich weiß es nicht - aber Breitenwirkung hat es eigentlich noch nicht erreicht ...

Mittwoch, 21. Januar 2009

Heute gibt es wieder jede Menge Lesestoff

Man kann es drehen und wenden wie man mag: Seit ich im Nordwesten Kanadas bin, ist das Leben hier sehr spannend geworden.

Am Dienstag habe ich an einer Seelsorgekonferenz in McLennan teilgenommen - fast alle waren da (trotz der Ausdehnung der Diözese): F. Eherer aus Grand Prairie (er war jener Priester, der mich seinerzeit noch vom Flughafen in Toronto abgeholt hat) ganz im Süden, wie auch die beiden Sta. Christiana-Schwestern von John Dor Prairie ganz im Nordosten, von Lesser Slave Lake bis natürlich meine Wenigkeit der im äußersten Nordosten residiert - Lay-Ministers genauso wie Diakone und natürlich Archbishop Pettipas. Thema war nichts geringeres als die Vorstellung der Ergebnisse einer umfassenden Umfrage unter Pfarrern und Pfarrangehörigen im vergangenen Herbst und die Beratung der Ergebnisse - gleich vorweg, es war ein wirklich fruchtbarer Studientag und das Betriebsklima in dieser Diözese war einfach umwerfend - obwohl eigentlich nur Gast, wurde auch ich herzlich in dieser Runde aufgenommen - man hörte einander zu, und die Person des Erzbischofs Pettipas fasziniert mich sowieso. Der Mann ist so etwas von geerdet auf der einen Seite aber auf der anderen Seite geht von ihm so sprühende Glaubensfreude und Spiritualiät aus, die ihresgleichen oft im österreichischen Episkopat - sagen wir - nicht so zum Vorschein kommt ...

Etwas war ganz und gar lustig - und das werden wahrscheinlich nur Mitglieder meiner Familie verstehen - ich versuche es trotzdem zu erklären. Als ich noch ein Kind war, geschah es des öfteren, dass Leute aus der entfernteren Verwandschaft (Straninger Zweig) bei mir feststellten: " Ja, er hat ja wirklich ein Schneidergesicht" (zur Erklärung "Schneider" ist ein Zweig der mütterlichen Verwandtschaft - meine Großmutter mütterlicherseits war eine geborene Schneider und es gibt einige Cousins und Cousinen meiner verstorbenen leiblichen Mutter). Eine dieser eben angesprochenen Cousinen ist Mitglied der kleinen Ordensgemeinschaft der Santa Christiana Schwestern.

Und wie es nun kommen soll, sahen die beiden Schwestern von John D'or Prairie mich heute Dienstag das erste Mal (trotzdem sie sozusagen im gleichen Seelsorgsbezirk arbeiten, sind ja doch an die 250km zwischen uns) - und - wie vor vielleicht 35 Jahren - "irgendwie schaust du Schwester Elisabeth (meine "Tante") ähnlich" - und das irgendwo am Ende der Welt; ist schon wirklich faszinierend - also: Die Welt ist wirklich klein. Ich werde in den nächsten Monaten sie mal in ihrer Pfarre besuchen: die Schwestern sind schon knapp 50 Jahre am Ort und haben es wirklich geschafft ein prosperierendes Gemeindeleben in ihrem Reservat auf die Beine zu stellen - was bei den Natives des Nordwestens ja wirklich nicht leicht ist.

Die Konferenz selber war wie gesagt sehr anregend. Nach der Vorstellung der Ergebnisse des Surveys wurden wir in drei Gruppen geteilt um zu drei Themen Stichworte zu sammeln. Meine Gruppe beriet über das Verteilen und Rekrutieren von Priestern. Diese Diözese muss mit mehreren Problemen umgehen:
  • Ausdehnung: ca. 225 000 km2 - in Nord-Süd ca. 700km West-Ost ca. 300 - 400km (im Norden ist die Diözese ein wenig schmäler als im Süden - die Grenzen laufen exakt entlang der gedachten kürzesten Verbindung zwischen Nordpol und Äquator)
  • Bevölkerung: Grob gefaßt 3 große Gruppen (wobei eine Gruppe davon eigentlich auch aus einigen komplett verschiedenen Ethnien besteht) mit teils komplett verschiedenen "Kulturen": Englischsprechende, Frankophone und Natives/Metis ("Mischlinge" Weiß/Natives - haben eine eigene Kultur entwickelt)
  • die religiöse Pluralität ist sowieso selbstverständlich
  • Finanzen
  • nur wenige einheimische Priester (und keine Natives/Metis)
  • selbstverständlich das Klima und die Abgeschiedenheit der einzelnen Pfarren und Missionen
  • 66 Pfarren/Missionen, 22 Priester, einige weitere Schwestern, einige Lay-Ministers - abgesehen vom allbekannten Priestermangel (und "Schwestermangel") finden sich auch kaum Lay-Ministers (Bezahlung, allgemeine Lage Pfarren/Missionen, bei den Indigenas kommen noch ein paar spezifische Probleme dazu - dazu später - würde hier den Rahmen sprengen).
All diese Punkte gilt es in irgendeiner Weise bei weiteren Pastoralplanungen zu berücksichtigen. Vor allem muss man die angehenden Seelsorger/innen in dieser Diözese auf diese Situationen gründlich vorbereiten - vor allem wenn sie aus anderen Ländern kommen. Das Leben im Norden ist schon sehr herausfordernd. Zumal auch die Arbeit in den Gemeinden der Natives - hier gilt es noch sehr viel zu lernen (aber dazu später einmal).

Jedenfalls hatten wir ein an regendes Gespräch in unserer Runde.

Abschließend gab Erzbischof Pettipas noch einige Statements und dankte sich in ehrlichen und bewegten Worten für die Arbeit aller. Vor allem erwähnte er aber hier die Schwester der verschiedenen Kongregationen, die oft jahrzehntelang in aller Stille großartige Arbeit leisten - namentlich die Sr. Bernadette und Sr. Jeanette von John D'or Prairie - ich glaube zu deren Pfarre lege ich hier mal einen Link: St. Joseph, John D'or Prairie

So - jetzt habt ihr mal genug zu lesen. Ich packe morgen die Gelegenheit beim Schopf und werde in aller Frühe nach Edmonton (um die 450 weitere Kilometer) aufbrechen um mir mal einen richtigen City-Tag zu geben (ein bisschen durch die Stadt schlendern, vielleicht a bisserl was einkaufen, ordentlich ins Café gehen ...) - übernachten werde ich bei den OMIs in St. Albert, und am Donnerstag in der Früh wieder in den Norden aufbrechen.

God bless you

Montag, 19. Januar 2009

Heute habe ich mal einen "Doktortag" gehabt

Vor ca. 2 Wochen hat sich ein Provisorium verabschiedet und heute war ich mit diesem Problem beim Zahnarzt. Na ja, er kann leider auch nichts mehr machen, weil die übriggebliebene Substanz für einen Stiftzahn zu dürftig ist. Aber es sollte weiter keine Probleme geben bis ich wieder daheim bin. Aber dann kann ich mich schon auf mehrere Sitzungen für ein Implantat vorbereiten - unangenehm ...

Anschließend war ich dann auch gleich mal im Labor: Blutwerte machen und ähnliches - aber im wesentlichen müsste es passen (soweit ich das von meinen Blutzuckermessungen ableiten kann) ...

Aber eines war wieder lustig: vor allem im Spital waren sie mit mir als Barzahler schon einigermaßen gefordert. Stellt euch vor; die Schreibkraft hatte die aktuellen Preise für die einzelnen Untersuchungen nicht in der EDV sondern musste sie mühevoll aus diversen Ordnern zusammensuchen ... weird.

Aber wie ich das schon des öfteren bemerkt habe: in Sachen Buchhaltung und Organisation sind wir in Europa (vor allem in Österreich) meilenweit voraus. Die Zettelwirtschaft, die hier stattfindet ist manchmal schon kabarettreif.

So und jetzt geht es nach McLennan zu einem Diözesanmeeting - bin schon gespannt, was ich da wieder neues erfahren darf.

God bless you