Samstag, 7. März 2009

Pax Britannica??

Im alten Rom gab es das Wort von der Pax Romana. Besonders ab Kaiser Augustus (nachdem er sich seiner Konkurrenten Antonius und Pompejus entledigt hatte - war dabei übrigens gar nicht zimperlich) wurde es sehr gebräuchlich, um sozusagen die Kriegsziele des römischen Heeres eigentlich für die nächsten Jahrhunderte zu definieren: Ziel römischer Expansion war offiziell eigentlich nie Eroberung um des Landgewinnes sondern es ging um Befriedung und Expansion der Zivilisation (sozusagen als Staatsidee) gegen die so genannten Barbaren (die Fremdvölker - die "Stammler" wie das griechische βάρβαρος auf Deutsch bedeutet). Dabei war man über die Zeiten wirklich nicht zimperlich und die generelle Idee im römischen Reich war, die Völker letztendlich römisch zu assimilieren (was irgendwie auch gelungen scheint, man bedenke nur die Verbreitung der romanischen Sprachen von Portugal über Frankreich bis nach Rumänien), auch wenn ein gehöriger Schuss griechischer Kultur hinzukam und gerade in der Spätzeit des römischen Reiches auch orientalische Einflüsse immer stärker wurden. Also, das war mal nur zum Verständnis der Überschrift.

Seit ich hier im Norden Albertas bin, wurde ich schon des öfteren mit dem Begriff der sogenannten Residential Schools konfrontiert. Diese Schulen dürften auf die Urbevölkerung Kanadas mit ihren Hauptgruppen der First Nations, der Inuit im Norden und der sogenannten Metìs einen ganz gewaltigen negativen Einfluss gehabt haben. Über die Details kann man ganz gut in Wikipedia nachlesen ... Um was es mir hier geht, ist, dass ich denke, auch wenn ich das übrige dazunehme, was ich von der Geschichte Kanadas bis jetzt erfahren habe, dass es vergleichbar mit der römischen Pax Romana eine Pax Britannica gibt.

Durch die ganze Zeit, nahezu seit der Zeit ihrer Ankunft im 17. Jahrhundert, versuchten besonders britisch-stämmige Kanadier sozusagen eine Leitkultur herauszubilden, der zu assimilieren es sich gilt (oder auch galt - das aber festzustellen, bedarf es mehr als eines Jahres Aufenthalt). Das hat auf jene Gruppen in Kanada einen massiven Impakt, die nicht dieser Leitkultur angehören - einmal natürlich auf die Urbevölkerung, die teilweise brutal im 19. Jahrhundert in Verträge hineingepresst wurden, die heute noch immer gelten, bzw. auf die Frankokanadier, deren Sprache erst in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts auch außerhalb der Provinz Quebec als gleichwertige Amtssprache anerkannt wurde (nachdem in dieser Zeit Kanada hart an der Grenze bewaffneter Auseinandersetzungen gestanden hat - und die Idee eines unabhängigen frankophonen Staates Quebec geistert noch immer mehr oder weniger deutlich in der Gesellschaft herum).

Natürlich: Es kann heute überall französisch gesprochen werden, auch vor Ämtern in Kanada (auch wenn die Frankokanadier sicher besser Englisch beherrschen als es umgekehrt der Fall ist - in punkto Faulheit zum Fremdsprachenerwerb können es die Anglokanadier durchaus mit den Deutsch sprechenden aufnehmen); auch gibt es seit den 80er Jahren keine Residential-Schools mehr (es wurden im Gegenteil gewaltige Summen an Wiedergutmachung ausgezahlt - zynisch gesprochen kommt diese jetzt sowieso wieder den "Weißen" zu gute, weil es ist ja schon faszinierend, wie viele neue Autos - und zwar keine kleinen - in den Reservaten unterwegs sind - auch eine Form eines vorgezogenen stimulus packages).

Aber was auffällt: Unterschwellig nehme ich von Seiten der anglokanadischen Bevölkerung bei aller Freundlichkeit und Höflichkeit doch eine gewisse Spannung war - oder ich möchte es eher eine kühl berechnende Form der Aggression bezeichnen. Das äußert sich einmal im Umgang mit der Natur, in der Art, wie über jene sich geäußert wird, die nicht so ganz dem common way of life sich anpassen - und obwohl um einiges sicherer als der große Nachbar im Süden, ist doch die Anzahl der Gewaltdelikte nicht unerheblich. Ein weiteres Indiz für diese latente Gewaltbereitschaft, die sich, wie gesagt irgendwie ganz gut verbirgt, aber doch irgendwie spürbar wird, ist Eishockey - zumindest wie dieser Sport hier betrieben wird. Ich habe immer gemeint, dass Bodychecks einfach passieren aber es im wesentlichen darum geht, einen Puck im gegnerischen Tor zu versenken - weit gefehlt: Es geht um den Kampf (es soll sogar in der ersten Liga Spieler geben, die als Eishockeyspieler eher mittelmäßig sind, aber dafür zu raufen wissen) und Raufereien am Eis werden hier als Höhepunkte gehandelt. Aber es wird vollmundig verkündet, dass dieser Sport die Nation zusammenbringt (Assoziationen mit dem Kollosseum und dem Prinzip Panem et Circenses steigen mir da auf) - Botschaft auf CBC: "Watch Hockey Nigth in Canada! - The sport which brings our Nation close together" - Vor Weihnachten starb übrigens ein Hockey-Player an einem Schädel-Hirn-Trauma als Folge einer solchen Rauferei (aber anstatt jetzt massiv die Regeln entsprechend abzustimmen, damit diese Raufereien verschwinden, wird tatsächlich prominentest für das Weiterbestehen dieser Raufereien eingetreten - Gladiatorenkämpfe).

Wenn ich dieser Wahrnehmung jetzt noch so manche historischen Gegebenheiten der letzten 500 Jahre hinzufüge, so manch Philosphien aus dem angloamerikanischen Raum ansehe, die teilweise Brutalität von weltanschaulichen Auseinandersetzungen in Nordamerika betrachte, komme ich nicht umhin, eine stark individualisierte Gesellschaft vor mir zu sehen, die mehr oder weniger mühsam durch Traditionen und Regeln zusammengehalten wird.

Irgendwann werde ich weiterschreiben ...

God bless you

Montag, 2. März 2009

Was bekommt ein Bischof zur Bischofsweihe geschenkt?

Das ist hier die Frage; Erzbischof Pettipas ist Redemptorist - ein Volksmissionsorden. Und wisst ihr, was er von seinem Orden geschenkt bekommen hat? Ihr werdet es kaum erraten:

Eine Volksmission - und zwar in der ganzen Erzdiözese. Im November 2010 werden Redemptoristen aus ganz Nordamerika in den meisten Pfarren der Erzdiözese gleichzeitig eine Volksmission halten. Ich war am Freitag bei einem Regionaltreffen der Multiplikatoren, und es dürfte tatsächlich ein generalstabsmäßiges Unternehmen werden.

Die Volksmission ist für 2 Wochen im November 2010 angesetzt. Jeder Pater wird 5 Tage in der Pfarre bleiben und Missionspredigten halten. Dazu kommen dann noch verschiedene begleitende Projekte - angefangen von Kinderliturgien über Bibelabende bis zur Tauf- und Wiedereingliederungsvorbereitung für Erwachsene. Das ganze soll medial ordentlich vorbereitet werden, Einladungen möglichst persönlich von Pfarrmitgliedern bzw. Pfarrern in die Haushalte gebracht werden; und und und. Der Sitzungsnachmittag war jedenfalls spannend - vor allem fand ich diese Form des Geschenkes sehr originell und vor allem sehr sinnvoll.

God bless you

Sonntag, 1. März 2009

Biertisch und Journalismus

Das Politiker undifferenziert und vereinfachend herumpoltern um die Lufthoheit über die Stammtische zu bekommen, ist ja weidlich bekannt. Was ich aber vor zwei Tagen in den kanadischen Nachrichten aus dem Mund des Starkommentators hörte, das hätte in Österreich dem nach oben gespülten Generalvertreter einer Ideologie, die schon 64 Jahre lang auf der Müllhalde der Geschichte verrotten sollte, alle Ehre gemacht.

Zuerst einmal der Hintergrund. Vielleicht habt ihr schon mal mitbekommen, dass Präsident Obama unter anderem einen neuen politischen Kurs bezüglich des Klimawandels und des Umweltschutzes fährt. Unter anderem ist dabei auch das Thema "Dirty Oil" von den Athabascan Oilsands (oder auch tar sands) zur Sprache gekommen.

Worum geht es dabei: Die kanadische Provinz Alberta beherbergt Ölreserven, die zu den weltgrößten gehören. Nur leider liegt dieses Öl in einer etwas ungünstigen Form vor, nämlich als Ölschiefer. Was nichts anderes heißt, als dass das Erdöl in Stein bzw. Sand (ich glaube in der Konsistenz nicht unähnlich unserem Flins) gebunden ist (übrigens gibt es das auch in Österreich, genauer gesagt im Tiroler Bad Pertisau - nur dort macht man daraus Kosmetik). Vorteil ist aber wiederum, dass dieser Ölschiefer zu einem guten Teil per Tagbau erschlossen werden kann. Der abgebaute Ölschiefer wird destiliert und die Abwässer in grossen Teichen (sprich in europäischen Verhältnissen Seen) gebunkert. Da die Abbauzonen fast ausnahmslos in den borealischen Wäldern des Nordens der Provinz liegen, wird durch diese Bergbautätigkeit der Natur auf großen Flächen so großer Schaden zugefügt, dass sich die betroffenen Areale wahrscheinlich über Jahrhunderte nicht erholen werden (das kann man in etwa vergleichen mit der Zerstörung von Grasnaben im Hochgebirge - die bedürfen auch einer ungestörten Regeneration von etwa 30 Jahren - im Falle natürlich der borealischen Wälder mit ihren Fichten und Birken unter den Bedinungen einer Vegetationsphase von Mai bis in Etwa Ende Oktober und Winterdurchschnittstemperaturen von etwa -15° bis -20° kann das natürlich um einiges länger dauern).
Eine weitere Abbaumethode sieht das Einpumpen von Wasserdampf in unterirdische Lagerstätten vor, um das Öl sozusagen aus dem Fels herauszudestilieren. Auch dieses Öl - Wasserdampfgemisch hinterlässt nach dem Herauslösen des Öls eine stinkende giftige Brühe, die ebenfalls meines Wissens in grossen Klärbecken gelagert wird.

Was ist nun genauer passiert: National Geographic, ein bekanntes amerikanisches Magazin (welches auch auf deutsch erscheint - vielleicht kann es jemand besorgen - dann könnt ihr nachlesen) berichtet in seiner gewohnt gut gemachten journalistischen Aufmachung mit vielen, hervorragenden Bildern von diesen Abbauzonen nördlich von Fort McMurray in North Eastern Alberta. Und natürlich ist anzunehmen, dass dies nun einigen Profiteuren dieses Ölabbaus gar nicht so recht ist.

Was ich nun wirklich skandalös finde ist, dass in einer Nachrichtensendung der Chefkommentator des Senders CBC, Rex Murphy ganze 5 Minuten auf das tiefste über den Artikel herzog. Er sprach dabei von den vielen Menschen aus den Maritimes (das sind die Provinzen östliche von Quebec am Atlantik: New Foundland - Labrador, New Brunswick, Nova Scotia und als die kleinste von allen Prince Edward Island) die in Alberta Arbeit gefunden haben, von dem Nutzen, den alle Nordamerikaner von diesem Öl haben (ich auch, ich fahre ja jetzt auch ein Auto, das unter Idealbedingungen zwischen 15 und 16 Liter Normal säuft) und und und. Und zieh natürlich alle, die nicht dieser Meinung sind, gleich mal der Heuchelei, weil sie ja selber Auto fahren, weil im Falle National Geographic auch diese Zeitung selber gar nicht erscheinen könnte, würden nicht in Alberta (Oilberta) die vielen Wälder geopfert ... Insgesamt 5 Minuten bester Sendezeit nur für diese Philipika.

Rein inhaltlich gäbe es natürlich jede Menge hier anzumerken:
Ein paar Dinge seien erwähnt:
  • Zum Argument, dass Menschen aus ganz Kanada dort Arbeit fanden. Warum wird nicht genug unternommen, um die Binnenwirtschaft der Herkunftsregionen zu stärken - Weil eines ist auch klar: die ganzen Ölsiedlungen (auch in meiner Gegend - Zama und Rainbow Lake) sind nur für die Boomzeit aus dem Boden gestampfte Trailersiedlungen, die genau so schnell verschwunden sein werden, wie sie auftauchten (nachdem man den eigentlichen Eigentümern das Land um ein paar Kreuzer und billige Versprechungen abgeluchst hatte)
  • Die Abraumhalden vergiften auf Dauer die Umwelt - es gibt erste Berichte dass in der Siedlung Fort Chipewan es zu einer auffälligen Häufung an Krebserkrankungen über Jahre hindurch kommt (die ist tatsächlich statistisch signifikant)
  • Die traditionellen Jagd- und Fischereigründe der ansässigen Wood-Cree sind auf Generationen geschädigt, womit diesen Ethnien endgültig ihre angestammte Lebensgrundlage entzogen ist.
  • Bei allen lieben und netten Aktionen (z.B. One Million Acts of Green) bleiben die Ansagen der Politik im Bereich Umweltschutz sehr vage (da können Österreichs Grüne noch so gegen unsere Regierung wettern; im Vergleich zu dem in den Medien vermittelten kanadischen Grünprogramm ist eine allfällige Betriebsanlagengenehmigung einer Zementfabrik aus den 70er Jahren ein Grünmanifest)
Alles in Allem, es ist schon interessant, etwas tiefer in ein Land hineinzusehen - und vielleicht habe ich als jemand, der leicht misstrauisch wird, sobald etwas all zu schön und zu gut gefeiert wird, einen sechsten Sinn für so manches ... ich weiß nicht ...

Mit anderen Topics geht´s demnächst weiter

God bless you