Freitag, 23. Januar 2009

Priester oder Schamane?

"Father - I want to have my Baby baptized!" - Ich glaube 6 oder 7 verschiedene Leute haben mich schon mit diesem Anliegen angerufen. Bis jetzt hatte ich 2 Taufgespräche, 1 Taufe und zu einer zweiten Taufe sind die Leute nicht erschienen - Begründung zu letzterem - eigentlich - "Nicht-Ereignis", "I had no possibility to come to church - because my father wasn't here." - Es stellt sich mir nun natürlich die Frage, was für die Natives Taufe eigentlich bedeutet.

Ich habe dieses Problem auch bei der Priesterkonferenz vergangenen Dienstag angesprochen - also mal gleich vorweg; für meine Gesprächspartner war das mal nichts neues. Und so versuchte ich mir ein wenig Gedanken zu machen, was hinter diesem eigentümlichen Verhalten möglicherweise stehen könnte.

Möglicherweise meinen die Natives in unserem Raum mit Taufe etwas anderes als die Kirche. Mir kam so der Gedanke, dass die Taufe eines Kindes sozusagen als apotropäischer (das Böse bannender) Ritus betrachtet wird; und eine Gesprächspartnerin bei der Konferenz erzählte tatsächlich von einer Begebenheit, dass eine junge Mutter zu ihr mit dem Baby kam mit der Bitte, es zu taufen, da es Alpträume hat. Und tatsächlich erzählte mir mein Vorgänger F. Filion, dass den Menschen hier die Taufe unheimlich wichtig ist (was man von den anderen Sakramenten nicht sagen kann - es sind z.B. nur ein Bruchteil der Jugendlichen hier gefirmt - es ist eher wahrscheinlich, dass eine 15jährige Schülerin hier schwanger ist als gefirmt). Auch das wird verständlich, wenn man bedenkt, dass in dieser Kultur eigentlich keine Übergangsriten zum Erwachsensein bekannt sind (f. Spezialisten: Transitional Rites; Übergangsriten). Bis vor etwa zwei Generationen lebten die Völker des kanadischen Nordens als Sammler, Jäger (wenn auch mit teilweise schon moderner Ausrüstung wie Gewehren u.ä.) und Fallensteller. Sie lebten entgegen der durch Karl May und James Fennimore Cooper genährten landläufigen Vorstellung der Europäer in weitestgehend separierten kleinen Familiengruppen in den unendlich anmutenden Weiten der borealischen Wälder. Treffen fanden eher sporadisch statt und waren so etwas ähnliches wie eine Mischung eines lang andauernden Gottesdienstes, Heirats- und Tauschmarktes, und mehrtägigen Tanzfestes. Und natürlich fanden diese Feste eher im Sommer statt. Diesen Umstand gilt es auf breitester Basis immer mitzudenken (hat Auswirkungen in das kirchliche Leben, aber auch auf die Gesellschaft bis in die Politik hinein).

Diese und ähnliche Ereignisse lassen mich vermuten, dass Priester in den Augen der meisten Natives eher als Schamanen als als das betrachtet werden, was sie nach römisch-katholischer Auffassung eigentlich sind - Vorsteher der christlichen Gemeinde - vor allem mal in Hinsicht auf Gottesdienst und Sakramenten, bzw. auf spirituelle Begleitung. Sicher nicht aber als Vermittler von "Heilskräften" aus einer anderen, höheren Welt.

Ein grundsätzliches Problem scheint gerade in Bezug auf die Natives zu sein, dass es hier teilweise noch an Inkulturation fehlt - womit Inkulturation als Übersetzen von Bestehendem in die einzelnen Idiome sicher zu kurz gegriffen ist. Es ist tatsächlich an einer der Sprache und der Philosophie dieser Menschen adäquaten Theologie zu feilen. Vielleicht hat das schon irgendwo begonnen - ich weiß es nicht - aber Breitenwirkung hat es eigentlich noch nicht erreicht ...

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