Samstag, 18. April 2009

"Indian Time"

Ich habe ja schon öfters angedeutet, das die Urbevölkerung Nordamerikas so gut wie keinen Zeitbegriff hat. Dabei geht es nicht etwa nur um mehr oder weniger ausgeprägte Unpünktlichkeit - nein: Es ist das schiere Unvermögen (so zumindest nehme ich es war) in Kategorien der Zeit zu denken. Beispiele gefällig:
Es ist praktisch unmöglich, mit den meisten Leuten hier einen Termin auch nur in einem Zeitraum festzulegen (zum Beispiel zwischen 14:00 und 17:00) - es funktioniert nicht. Beispiele:

Am Donnerstag fuhr ich mit meiner "little Sister" zu einem Taufgespräch nach Meander River (sind doch 175km in einer Richtung) - der Termin war ausgemacht - 14:00, es war ein Besuch im Haushalt der Interessentin - wer war nicht da: die besagte Frau. Sie musste mit ihrem Baby nach High Level ins Spital. Ich habe angesichts der speziellen Situation nun angeboten, dass ich um 11:00 am Sonntag da sein werde um das Taufgespräch zu machen und anschließend während der Messe das Kind zu taufen. Ich sage es gleich: wenn sie nicht rechtzeitig vor der Messe da ist zu Taufgespräch, werde ich das Kind nicht taufen. Diese Konsequenz muss nun wirklich beinhart in der ganzen Diözese durchgezogen werden (die Missionare dürften noch bis in die Gegenwart nicht allzuviel Wert auf eine Taufvorbereitung gelegt haben - den Erfolg sieht man ja...)

Aber noch viel lustiger war ein Telefonat jetzt gerade: Ein Mann will auch sein Baby getauft haben - nun abgesehen, dass er meinte, es solle F. Filion in High Level machen (der ist in Edmonton in Pension), hat er dann doch gemeint, es in Assumption machen zu wollen (er lebt ja hier). Wieder die Sache mit dem Taufgespräch; Termin; ich sage zu ihm, er solle mir die Zeit sagen im Laufe der nächsten Woche. Erste Antwort seinerseits, "Oh, about lunch time, noon" - Antwort meinerseits, "Oh, seems quite fine - ah - which day?" Lange Pause - ich wiederhole, "Yes, noon - but Monday, Tuesday, Wednesday ...? - wieder lange Pause - dann er, "oh -------- Monday?" ich, "OK - Monday noon, I am here for sure!" Ehrlicherweise muss ich zugeben, damit zu rechnen, dass er NICHT da sein wird.

Gerade letzter Dialog lässt erahnen, dass bei sehr vielen Menschen dieser Volksgruppe schlicht Zeit als Konzept fehlt. Das lässt sich für uns Mitteleuropäer, die letztlich seit dem 16. Jrh. nach Uhren leben überhaupt nicht nachvollziehen - lässt sich möglicherweise gerade noch verstehen, wenn wir eine Gruppe von etwa fünf- oder sechsjährige Kinder als Vergleich herziehen, die gerade intensiv im Spiel versunken sind. Deren Zeitbegriff mag am ehesten noch mit jenem dieser Menschen hier vergleichbar sein - einmal so ein Vermutung von mir.

Möglicherweise könnte es aber auch sein, dass durch das übereilte Taufen der Missionare in den letzten Jahrzehnten, sich so eine Erwartung festgesetzt hat, dass in der Kirche mal so schnell getauft wird. Wobei wir beim nächsten Kapitel wären: Wie werden die Sakramente vermutlich von den Natives verstanden - welches Bild von Kirche, Glauben haben sie ... aber das in meinem nächsten Beitrag.

God bless you

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