Donnerstag, 30. April 2009

Ein eigenartiges Konzept von Verantwortung

Derzeit ist ein Delegation von Vertretern der First Nations of Canada im Vatikan, um mit dem Papst über die Residential Schools zu sprechen und auch eine offizielle Entschuldigung der Kirche dafür zu hören. Das ist die eine Seite der Medaille - die andere ist die Berichterstattung darüber im offiziellen kanadischen Fernsehen. Sukkus derselben: Was da hinter verschlossenen Türen gesprochen wurde, weiß keiner, und die katholische Kirche hat diese Residential Schools betrieben und die waren ja schon richtig schlimmer Finger - übrigens die anderen Kirchen haben sich schon längst dafür entschuldigt und und und - und auch die Regierung (so in einer ganz kurzen Bemerkung). Als gelernter Österreicher fiel mir gleich etwas auf: 30 Jahre glaubten auch wir, dass wir Hitlers erstes Opfer waren und das mit den Konzentrationslagern waren ja die bösen Deutschen undundund.
In Wirklichkeit war es common sense über ein Jahrhundert, sich des "Indianerproblems" zu entledigen, indem man versucht, die Natives zu braven Kanadiern zu machen, indem man sie dem "schlechten Einflüssen" ihrer Kultur (sprich Familien und Clans) entzieht und in Internatsschulen unterrichtet. Und es gibt auch schriftliche Zeugnisse eines "Indian Affairs Ministers" aus den 20er Jahren, die das eben gesagte direkt bestätigt (wurde uns im Rahmen eines Studientages erzählt). Wie auch immer: Es war Common Sense und Ordensgemeinschaften und Diözesen ließen sich gerne auf von Regierungsseite finanzierte Schulprogramme ein, stellten das Personal - ja, und ganz ehrlich: es war auch gutes Geld - Personal konnte bezahlt werden, Gebäude, Kirchen ... - es traf sich der allgemeine Common Sense durchaus mit so manchen Vorstellungen von Missionsarbeit einiger Ordensgemeinschaften.
Natürlich kann man auch bei einer so großen Bewegung nicht ausschließen, dass da so manche nicht gesunde Leute - Pädophile - Unterschlupf gefunden haben, und dadurch es auch zu sexuellen Missbrauch an diesen Schulen gekommen ist (sein mag). Und dass die damaligen Erziehungsmethoden nicht gerade zimperlich waren, das zu wissen bzw. vor allem erfahren zu haben, braucht man weder Native, noch katholisch, noch Kanadier zu sein.
Was ich nun partout nicht verstehen kann, ist, dass undifferenziert immer ganze Institutionen für das Fehlverhalten einzelner in Verantwortung genommen werden - und das pauschal. In der Lehre und der Doktrin waren Residential Schools kein Thema der Gesamtkirche, sondern der einzelnen Diözesen bzw. Ordensgemeinschaften. Es gibt keine KIRCHE als monolithischen Rechtskörper. Jede Diözese ist aus sich heraus einmal ein Rechtskörper, der auch als solcher - je nach Rechtsgrundlage der einzelnen säkularen Staaten - auftritt. Es gibt nicht einmal eine kanadische Kirche, die irgendwie als ganze ein Rechtskörper wäre. Die Diözesen stehen einmal für sich alleine. Die Jurisdiktion des Papstes als Oberhaupt der Kirche wird nur im Sinne einer Art "außerordentlichen Verwaltung" schlagend. Also: der Hl. Stuhl ist nicht befasst, wenn eine Diözese irgend eine Schule gründet oder ein Seminar abschafft - solange nicht irgendjemand nach einer entsprechenden Sachlage klagt (z.B. nachhaltiger wirtschaftlicher Schaden für die Diözese u.ä.).
So gesehen können nur Bischöfe und Ordensobere auch wirklich glaubwürdig sich offiziell entschuldigen - die allfällige Entschuldigung des Papstes hat nicht wirklich einen inneren moralischen Wert, da die Sache für ihn wirklich extrem weit weg ist - und der Missstand nicht substantiell in der Geschichte bzw. Lehre der Kirche lagt (wie z.B. beim Antisemitismus, oder auf im sog. Fall Gallilei - die betreffen wirklich die Geschichte der Kirche als ganzes, weil es sozusagen systemimmanent war).
Aber ich glaube persönlich, dass in Kanada sowieso nicht wirklich wer an der Sache interessiert ist: Sie wird höchstens dazu benutzt, bei Gelegenheit politisches Kleingeld zu schlagen, je nachdem, wie man es gerade so braucht.
Ich habe schon einmal angedeutet, dass als Schmerzensgeld für erlittenes Unrecht Unsummen geflossen sind. Rechtsanwälte haben sich bei den entsprechenden Verfahren buchstäblich goldenen Nasen verdient. Das, was von den Schmerzensgeldern dann tatsächlich bei den Betroffenen angekommen ist, wurde dann in beträchtlichem Maße in Alkohol und neue Autos angelegt, bzw. auch vergambelt. Die große Frage für mich wird nämlich in 10 Jahren sein - wenn die Autos alle kaputt und keine Gelder mehr fließen werden ... - was wird dann weiter mit diesen Menschen geschehen? - Das bittere wird sein: nobody cares - not even themselves - und das erfüllt mich mit Traurigkeit. Was wäre geschehen, wenn man das ganze Geld wirklich in Community Development Projects gesteckt hätte ... Dann hätte tatsächlich Healing and Reconciliation geschehen können.

By the way: Ich habe natürlich keine wie auch immer gearteten Möglichkeiten und Kontakte - aber das Konzept der Dorferneuerung könnte mit einigen Adaptionen gerade für Native Communities eine Chance erwachsen lassen, ihre Reserves zu prosperierenden Zentren aus eigener Kraft, mit ihren eigenen Ressourcen zu machen ... - vielleicht könnte es der Landeshauptmann nach Kanada exportieren (wie, kann ich mir wirklich nicht ausmalen - na ja, eine vage Idee hätte ich da schon - nur das cash ...)

God bless you

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